Willkommenskultur

Ein in vielen Unternehmen noch unbekannter Begriff. Willkommenskultur umfasst alle Aktivitäten vom mündlichen Entscheid zu einer Zusammenarbeit zwischen einem Kandidaten und einem Unternehmen bis zur vollständigen Integrierung. Es gibt allerdings HR-Vorgesetzte, die der Meinung sind, dass eine Willkommenskultur beim Texten des Stelleninserates beginnen sollte, denn Interessierte sollten sich schon beim Lesen Gedanken machen, ob sie ins Unternehmen passen. Den ganzen Prozess beschreibt der altdeutsche Begriff „Onboarding“.

Was sich nach dem Besteigen eines Flugzeuges anhört, ist zu einer wichtigen Aufgabe im Rekrutierungsprozess geworden. Oft verstreicht eine drei- bis sechsmonatige Pause zwischen dem Abschluss eines Anstellungsvertrages bis zum Eintritt ins Unternehmen. In dieser Zeit kann viel passieren. Der alte Arbeitgeber kann ein höheres Gehalt bieten, die Ehefrau ist mit dem Umzug doch nicht einverstanden, das Neue erscheint plötzlich nicht mehr so begehrt oder ein neues Angebot ist aufgetaucht, das noch erstrebenswerter aussieht. Deshalb kann es vorkommen, dass ein abgeschlossener Vertrag nicht eingehalten wird und dass die Suche nach Kandidaten einen Neustart erlebt. Rechtlich kann wenig dagegen unternommen, also muss die bittere Pille geschluckt werden.

Die HR-Dienstleistung unterscheidet im Onboardingprozess zwei Phasen. Die eine Phase ist zwischen Vertragsabschluss und erstem Arbeitstag. Sie nennt sich Preboarding. Für die zweite Phase gilt der Name Einarbeitungsprozess. Bezüglich Preboarding gehen bei HR-Verantwortlichen die Meinungen etwas auseinander. Einige sind der Ansicht, dass Mitarbeiter vor dem Eintritt nicht speziell einzubinden seien, andere finden, dass eine spätere motivierte Mitarbeit durch ein gelungenes Preboarding gefördert würde. Der neue Mitarbeiter müsse in die Unternehmenskommunikation eingegliedert werden (Personalzeitschrift, Mitteilungen, Geburtstagskarte, Einladung zur Weihnachtsfeier usw.). Auch sollte sich der neue Mitarbeiter mit dem zukünftigen Chef periodisch treffen

und den ganzen Einarbeitungsprozess besprechen. Das gibt dem Neuen Sicherheit. Er muss spüren, dass er willkommen ist.
Der erste Tag ist für den weiteren Verlauf entscheidend. Ein HR-Verantwortlicher präpariert die Mitarbeiter am Hauptempfang mit Foto und Namen der Neueintretenden, damit sie dort namentlich und herzlich begrüsst werden. Ein direkter Vorgesetzter darf an diesem Tag nicht abwesend sein, sondern muss in den ersten Stunden für seinen neuen Mitarbeiter zur Verfügung stehen. Er muss mit ihm das kommende Einführungsprozedere besprechen, ihn bei den anderen vorstellen, bei ersten Handlungen Unterstützung bieten und ihm zu verstehen geben, dass er ihn für wichtig hält. Um den direkten Vorgesetzten zu entlasten kennen viele Unternehmen das „Patensystem“. Dem Neuen wird ein Ansprechpartner zur Seite gestellt. Dieser sorgt dafür, dass der Neue alle internen Gepflogenheiten kennen- lernt. Paten werden mit Checklisten ausgebildet, damit nichts vergessen wird.
Zusätzlich bieten viele Unternehmen sogenannte „Welcome Days“. Alle Neueintretenden werden bereichsübergreifend zu einer Tagung eingeladen, damit sie auch andere Neue kennen lernen und sich in einem Workshop austauschen.
Am Wichtigsten aber ist die Förderung der Einbindung in die direkte Arbeitsumgebung, ins Team und in die zur Verfügung stehenden Instrumentarien. Dieser Prozess ist nicht generell, sondern individuell vom direkten Vorgesetzten zu organisieren. Er muss sich in den neuen Mitarbeiter einfühlen können, seine Gedanken spüren, seine Fähigkeiten erkennen und behutsam Unkenntnisse in Wissen umwandeln. Er profitiert schlussendlich von einem leistungsfähigen Mitarbeiter.
Eine gute Willkommenskultur hilft, innere Kündigungen nicht schon in den ersten Tagen entstehen zu lassen. Es gibt Schätzungen, die 50% aller inneren Kündigungen auf eine schlechte Willkommenskultur zurückführen.     jb