Die Festtagsgeschichte
„Hallo Frau Peyer, hier spricht Hugo Bergmeister. Vielleicht hat ihr Gatte schon von mir erzählt. Beruflich bin ich sein Chef“.
Frau Peyer war erstaunt und etwas verunsichert.
„Ja, er hat mir schon von Ihnen erzählt“.
„Herr Peyer ist mein wertvollster Mitarbeiter und ich schätze ihn sehr. Er hat dieses Jahr die Aufgaben unserer ganzen Gruppe durch sein Fachwissen, durch seine korrekte Art und durch seinen wohl etwas distanzierten, aber sehr sympathischen Auftritt enorm gefördert. Ich möchte mich bei ihm bedanken, doch die Compliance-Bestimmungen unserer Firma verbieten die Weitergabe materieller Werte. Vielleicht wissen Sie etwas, was ihn sehr freut“.
Frau Peyer war mit dieser Anfrage im Moment überfordert. Sie wollte nichts Falsches sagen und zuerst überlegen, was möglich wäre. Deshalb bat sie um Zeit, verlangte die Telefonnummer und vereinbarte einen Rückruf.
Beim Abendessen mit Frau und Kind war Hugo Bergmeister sehr ruhig. Er wirkte etwas abwesend. Seine 11-jährige Tochter Sonja bemerkte dies und fragte direkt:
„Papa, hast Du Sorgen?“
„Sorgen eigentlich nicht, aber ich möchte einem Menschen, den ich sehr schätze und auf den ich im Beruf angewiesen bin, durch eine Gabe an Weihnachten danken. Doch, das ist nicht so einfach, denn ich habe noch andere Mitarbeiter und wenn nur einer von mir etwas erhalten würde, dann würde ich die andern benachteiligen. Zudem haben wir Geschenke-Verbot in der Firma.“
„Was macht er denn Besonderes?“
„Aber Du hast ihm doch gedankt“.
„Klar sage ich jedes Mal Danke. Den andern sage ich auch Danke. Aber er ist nicht nur ein Durchführer, sondern er hat sich zu meinem Schutzengel entwickelt. Ohne ihn würde ich mehr Fehler machen“.
Als Frau Peyer zur vereinbarten Zeit Herrn Bergmeister anrief, teilte sie ihm mit, dass sie keine gute Idee hätte. Aber sie möchte ihm mitteilen, dass ihr Mann den Herrn Bergmeister als Chef sehr schätze.
Zwei Tage vor Weihnachten kam bei Peyers per Post ein A3 grosser Kartonumschlag an. Darin ein Brief und eine gekonnte Kinderzeichnung. Im Brief stand:
„Sehr geehrter Herr Peyer. Mein Papa hat mir von Ihnen erzählt. Ich habe deshalb meinen Papa am Schreibtisch gezeichnet und sie dahinter als Schutzengel und sende ihnen dieses Bild, denn Papa darf Ihnen nichts schenken. Viele Grüsse Sonja Bergmeister“.
NB: Ein Kind ist fähig mit etwas Wertlosem einem Menschen das Wertvollste zu geben. jb