Effizienz, Stiefkind im HR-Management.

Die HR-Abteilungen wachsen überproportional. Jedes Unternehmen will sich das Image eines guten Arbeitgebers sichern. Alle Neuerungen im HR-Bereich werden unkritisch übernommen. Kosten-Nutzen-Analysen werden nicht gemacht, da der Nutzen oft nicht fassbar ist, sondern im Gesamtkomplex „Employer-Branding“ mitschwimmt. Die Zahlen eines Unternehmens im Gesundheitswesen zeigen deutlich, wie die Kosten in den letzten 12 Jahren gewachsen sind:
Jahr         Anzahl Mitarbeiter      Stellen im HR Bereich          Kosten/Jahr        HR Kosten/MA           
 2004      1,600                               5,7 (7 Personen)                    CHF 620.000,-    CHF 387,50*
 2016       1,200                               15 Vollzeitstellen                   CHF 2.180.000,- CHF 1.817,-*
Kostensteigerung +469%
*Diese Zahlen sind real, doch das Unternehmen möchte nicht genannt werden.

 

 Was sind denn die wahren Ursachen der Verteuerung? Sie haben verschiedene Gründe. Einerseits sind es höhere administrative Aufwendungen, verursacht durch staatliche oder versicherungstechnische Vorschriften. Auch über Verbände werden mehr Informationen gefordert, die den administrativen Aufwand erhöhen. Zudem erlebt die Administration im HR-Bereich das „parkinsonsche Gesetz“, nach dem viel Neues geschaffen wird und dabei vergessen wird, Bestehendes – was ersetzt werden müsste – abzuschaffen. Doch die Administration enthält nur einen kleinen Teil der gestiegenen Kosten. Der weitaus grösste Teil gestiegener Kosten entfällt auf die Personalrekrutierung, die Personalentwicklung (Talent Management) und das eigentliche Employer Branding. Sich als Arbeitgeber in einem guten Licht darzustellen benötigt viele schöne Worte und motivierende Veranstaltungen. Informationen an den Personalmarkt über Public Relations, Stellenanzeigen und Veranstaltungen sind kostenintensiv.
Der schnelle technologische Wechsel erfordert, dass immer mehr Arbeitszeit für Weiterbildung eingesetzt werden muss. Dadurch wird mehr Personal benötigt und die Kosten für die Personalentwicklung steigen stärker als der Umsatz. 

Bezüglich der Personalrekrutierung hat eine wahre Revolution stattgefunden. Die Anzeige in Zeitungen wurde in relativ kurzer Zeit zur Ausschreibung in Job-Banken im Internet. Doch neben Job-Banken entstanden Kontaktnetze, wie LinkedIn, XING
u.a. Zudem formierten sich Stellensuchende verschiedenster Ebenen in Kandidatenbanken wie experteer und placement24. Die Firmen begannen sogenannte
„Aktivrecruiter“ einzustellen, welche die
Kandidatensuche im Internet durchführen und bis zu einer direkten Ansprache von Kandidaten gehen. Da dies aber eine sehr
zeitaufwendige Angelegenheit ist, werden viele „Aktivrecruiter“ gebraucht, was den Personalbestand einer HR-Abteilung enorm anhebt.
Auch in der Personalauswahl bedient man sich vermehrt kostspieliger Assessments, deren Nutzen die Auswahl selten markant verbessert, eher den auswählenden Führungspersonen mehr Unterlagen und mehr scheinbare Sicherheit zur Entscheidung bietet.
Noch ein Umstand begründet die Kostensteigerung: Kandidaten fordern in Interviews kleine Vorteile ihrer ehemaligen Arbeitgeber auch vom möglichen neuen Arbeitgeber. Die Interviewer streben nach Anstellungserfolg und sind deshalb darauf erpicht, die Vorteile anderer Arbeitgeber auch im eigenen Unternehmen realisiert zu sehen. „Wir müssen auch“ ist die Parole, obwohl man vielleicht eigene Vorteile hat, die viel stärker gewichtet werden. Und so fordert der „Krieg um Talente“ eine permanente Aufrüstung von Goodwill-Taten und –Investitionen, die wiederum durch mehr Personal verwaltet und durchgeführt werden müssen.
Es ist Zeit, alle Aktivitäten im HR-Bereich einer Kosten-Nutzen-Analyse zu unterziehen. Als externe Berater sehen wir, dass insbesondere im Recruiting die internen Anstrengungen, gemessen am Anstellungserfolg, Kosten-Dimensionen erreicht haben, die weitaus höher sind, als die sporadische Nutzung externer Dienstleister. jb